Die Menschheit durchlebt gegenwärtig
eine epochale Krise. Die Pragmatiker kriegen die Welt nicht mehr in
den Griff, die Realisten die Realität nicht zu fassen. Der Pragmatismus
läuft sich tot -in der Wirtschaft nicht anders als in der Politik,
sogar in der Wissenschaft. Denn nicht bloß die praktische Umsetzung
geht fehl, die ganze Gesellschaft ist falsch programmiert. Unaufhörlich
geschehen Dinge, die nach menschlicher Vernunft ausgeschlossen sein
sollten.
Das Ergebnis sind Ein- und Zusammenbrüche auf der ganzen Linie:
von Wertvorstellungen und Einrichtungen, von Menschen, Arten und Biotopen.
Nichts läuft mehr, wie es soll. Warum? Capras Diagnose: Ein Denkzeitalter
geht zu Ende. Unser ein halbes Jahrtausend lang bewährtes kopernikanisches
Weltbild, von Descartes, Newton und Darwin ausformuliert, reicht nicht
mehr als Erklärungsmodell und Handlungsmaxime. Seine Logik indessen
lenkt weiterhin den technischen Fortschritt, ebenso wie die Volks-
und Betriebswirtschaft, die Heilkunde und Ernährung, Bildung
und Ausbildung, die Außen- und Verteidigungspolitik und vieles
andere mehr. Der verheerende Rüstungswettlauf ist der augenfälligste
Beweis für den Irrsinn, der in der ungebrochenen Weltanschauung
beschlossen liegt. Er kostet ein Vielfaches von dem, was erforderlich
wäre, um Hunger und Seuchen aus dieser Welt zu verbannen. Capras
Ausweg: Weiterleben kann die Menschheit nur, wenn sie von Grund auf
anders lebt. Das erfordert zuerst ein anderes Denken, eine andere
»Wahrnehmung« der Welt. Nämlich: komplex statt linear,
in Netzen und Bögen statt in Zielgeraden und den Kurven der Statistik.
Qualitatives Werten muß an die Stelle von quantitativem Messen
treten. Denn die Welt ist mehr als die Summe ihrer Teile. Komplexes,
kontemplatives, ja meditatives Denken, Begreifen und Erfassen erfordert
indessen nicht minder geistige Anstrengungen als die bisherige Wissenschaft.
Dies ist nicht die Stunde der |
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Scharlatane und des Aberglaubens, der Patent-
und Heilsrezepte, sondern es ist die Stunde der Besinnung, des staunenden
Fragens und Schauens. Der Bankrott des physikalisch-mechanistischen
Weltbildes bietet dabei, recht verstanden, der Physik eine Chance.
Denn gerade sie hat uns im letzten halben Jahrhundert umdenken gelehrt:
Quanten- und Relativitätstheorie zeigten uns die prinzipiellen
Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit. Nicht die Mondfahrten
des Wernher von Braun weisen den Ausweg aus der Sackgasse der technisch-wirtschaftlichen
Zivilisation; und die Atomenergie schon gar nicht.
Fritjof Capra, Physikprofessor, Philosoph und eindringlicher Aufklärer
auf dem Weg nach innen, weist uns einen Weg, wie die Bruchstücke
unseres zertrümmerten Weltbildes wieder zu einer Einheit zusammenzufügen
und in einer neuen, angemessenen Rationalität zu begreifen sind.
Capra zeigt, wie dieses andere Denken aussieht und daß es. zu
einer Umwertung von beispiellosen Dimensionen führen wird. So
schreibt »Time Magazine« zu Capras Werk: »Das Abendland
hat seine Kulturrevolution noch vor sich - die Umpolung aller Werte
auf dem Weg zu einer neuen Sicht der Wirklichkeit.«
Fritjof Capra wurde am 1. 2.1939 in Wien geboren. Dort promovierte
der Heisenberg-Schüler 1966 in Atomphysik. 1968 bis 1970 Forschungsauftrag
an der University of California, 1970 Forschungen im Zentrum für
Linear-Beschleunigung in Stanford. Seit 1970 feldtheoretische Untersuchungen
am Imperial College, London.
Gleichzeitig beschäftigt Capra sich mit dem Verhältnis zwischen
moderner Physik und Philosophie, bzw. östlichen Weisheitslehren.
Sein erstes Buch zu diesem Thema erregte weltweites Aufsehen: »
Der kosmische Reigen« (1977). Capra lehrt als Professor in Berkeley.
Umschlag: Leo Grässli |