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Unser Gedächtnis ist zerbrechlich und der Lauf eines Lebens ist sehr kurz.
Alles geschieht so rasch, daß wir keine Zeit finden, den Zusammenhang zwischen
den Ereignissen zu erkennen. Um die Dinge der Vergangenheit dem Vergessen zu entreißen,
schrieb meine Mutter dies in ihre Tagebücher und Notizhefte. 0:03
Meine Mutter sprach von der Liebe immer wie von einem Wunder. Schon als Kind
schrieb sie alles was um sie herum geschah in ihre Tagebücher - in der Absicht,
die Dinge in ihrer wirklichen Dimension zu sehen.
0:10
Claras Schwester Rosa ist an einem vergifteten Getränk gestorben, das
eigentlich dem Vater galt. Der Vater: Rosa mußte also wegen mir sterben.
Ich will keine Rache. - Rache - da hat niemand etwas davon. Rache - macht mein
Kind nicht wieder lebendig.
0:22
Als Esteban bei den Eltern der schweigsamen Clara um ihre Hand anhält.
Der Vater: Möglicherweise haben wir sie zu sehr behütet.
Die Mutter: Es ist ganz unmöglich - man kann auf keinen Fall jemanden
zu viel lieben.
1:22
Nachdem Esteban gegenüber seiner Tochter Blanca behauptet, er hätte
ihren Freund Pedro getötet.
Blanca weint: Oh Gott, wie ich Papa hasse.
Clara: Nein, nein, du mußt nicht weinen, mein Kind. Zu viele Tränen
schaden dem Baby - und könnten es unglücklich machen.
Blanca: Ich könnte ihn erschlagen.
Clara: Nein, du darfst keine Rachegefühle haben, das tut keinem
gut. - Übrigens: Pedro Segundo lebt.
Blanca: Woher weißt du das?
Clara: Ich hab es geträumt. - Du wirst ihn jetzt nicht sehen können
- noch lange nicht. Er ist gezwungen, sich zu verstecken. Er kommt erst zurück,
wenn die Welt sich geändert hat. Ich bin so stolz auf dich, daß du
nicht heiraten willst (Herrn Satiny, den der Vater für sie auserkoren
hat).
Blanca: Wieso hast du damals Papa geheiratet?
Clara: Weil ich ihn geliebt habe. - Oh ja - ich war fasziniert von ihm.
- Er war stark und unerschrocken. Er hat immer gekämpft, solange ich denken
kann.
Aber weißt du: Nichts was dein Vater tut, tut er aus Boshaftigkeit. Er
hat nur zu viel Energie. - Und ich liebe ihn - auch jetzt noch. - Er ist
mein Leben - wie du auch.
1:40
Clara zu ihrer Enkelin Alba, als sie merkt, daß sie sterben wird:
Ich sollte mich vielleicht jetzt in mein ruhiges Meer aus blauer Seide legen.
Alba: Oh - geht es dir sehr schlecht, Oma ?
Clara: Ich fühle, ich muß diese Erde jetzt verlassen, mein Engelchen.
- Aber du mußt vor dem Tod keine Angst haben, Alba. - Sterben ist wie
geboren werden - nur eine Veränderung. Du weißt ja, ich hatte immer
eine Verbindung zu den Seelen im Jenseits. Und wenn ich da sein werde, bleib ich
in Verbindung zu dir - und allen anderen. - Verstehst du das, Liebes ? Sie
gibt der Enkelin Tagebücher in eine Schmuckdose. Gib das bitte alles
deiner Mama. - Es wird ihr die Vergangenheit sichtbar machen. Möglicherweise
hilft es ihr auch, zu sehen, wie die Ereignisse miteinander in enger Verbindung
stehen. Und eines Tages nützt ihr das vielleicht - zu mehr als nur zu Zierde
und Schmuck.
2:07
Clara erscheint bei ihrer geschundenen Tochter Blanca in der Gefängniszelle:
Du darfst dir den Tod nicht wünschen, mein Kind. - Das ist nicht das Wesentliche.
Der Tod kommt so oder so. - Du mußt für das Leben kämpfen. Ein
Leben ist ein Wunder. - Und Alba wartet auf dich. Sie braucht dich.
2:11
Der Schluß: Nachdem Blanca frei gekommen ist, zu ihrem Vater:
Papa - ist Pedro ..?
Esteban: Er lebt, er ist in Sicherheit. Er wartet auf dich in Kanada.
Esteban im Auto: Hoffentlich wird Pedro ein besserer Vater als ich.
Blanca: Du hast alles gegeben, Papa. Einmal war ich sehr wütend auf
dich - ich hab dich sogar gehaßt. Warum weißt du. Während ich
eingesperrt war hatte ich dauernd Rachegefühle. Nicht gegen dich, aber -
ich war besessen von bösen Rachegelüsten. Ich wollte mich für alle
rächen, die gerächt werden sollten. Aber jetzt habe ich das Gefühl,
daß mich dieser Haß weniger plagt. Ich begreife allmählich, daß
alles was passiert einen inneren Zusammenhang aufweist. Wie es Mama auch gesagt
hat.
2:15
Meine Mutter hat alles aufgeschrieben, um die Dinge der Vergangenheit dem Vergessen
zu entreißen. Was sie in ihre Tagebücher geschrieben hat, hat mir geholfen,
mein eigenes Entsetzen zu überwinden. Und heute frage ich mich, ob ich diese
endlose Geschichte von Haß, Blut und Rache fortsetzen möchte, aber
ich sehe keinen Grund mehr dazu. - Mein Leben, das ist - meine Tochter - Pedro
- das Licht - der Tag - dieser Augenblick - die Erinnerungen - die Zukunft. Für
mich ist das Leben selbst das Wichtigste geworden.
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