Uranbergbau
Beginn des nuklearen Alptraums


Von Dr. Heinz Högelsberger

Während das öffentliche Bewußtsein über die Sicherheit von Atomkraftwerken sehr hoch ist und es immer wieder Auseinandersetzungen über das ungelöste Problem der Atommüll-Lagerung gibt, wird dem Beginn der nuklearen Brennstoffkette weit weniger Aufmerksamkeit zuteil. Dies ist umso unverständlicher, da beim Uranbergbau die größten Mengen von radioaktiven Abfall anfallen. Dazu ein Beispiel : Um einen Reaktor vom Typ Biblis-A mit Brennstoff zu befüllen, benötigt man 33 Tonnen Brennelemete. Bei deren Erzeugung fallen rund 400.000 Tonnen an radioaktiven Abraumhalden und weitere 40.000 Tonnen ebenfalls kontaminierten Schlamm an. Diese Abfälle verbleiben am Areal der Uranmine. In den meisten Fällen befinden sich Uranbergwerke in den Siedlungsgebieten indigener Völker; weitab der industriellen Zentren. Das bedeutet, daß die Indigenen unter den Gesundheits- und Umweltfolgen des Bergbaus leiden, während die Nutznießer der Nukleartechnologie weit davon entfernt leben.

Uran - das begehrte Metall
Uran ist nach seinem Atomgewicht das schwerste der natürlich vorkommenden Elemente und ist radioaktiv. Es besteht in seiner natürlichen Zusammensetzung zu nur 0,71 % aus dem technisch verwertbaren Isotop Uran-235. Ursprünglich waren Uranerze nur unbrauchbare Nebenprodukte von Silber-, Kobalt-, und Wismutbergbau und wurden auf Halde geschüttet. Erst ab Beginn des 19. Jahrhunderts wurden aus Uranverbindungen Farben und Keramikglasuren hergestellt. Später verwendete man Uran auch in der Photographie und Metallurgie. Der wahre Boom des Urans begann aber mit der Entdeckung der Kernspaltung im Jahre 1938. Seither hat Uran als Grundstoff für den Bau von Atombomben und später als Brennstoff für Atomkraftwerke höchste Bedeutung.

Uranbergbau
Uranerz wird sowohl in Tagebauen als auch untertags gefördert. Da die Erzkonzentrationen oft bei nur 0,1 % liegen, muß viel Erz abgebaut werden, um die benötigte Menge Uran zu gewinnen. Jede Abbauart birgt spezielle Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Durch die bergmännische Gewinnung werden viele Tochterprodukte des Urans aus den Gesteinen frei gesetzt, wie z.B. Radium und Radongas. Im unterirdischen Abbau sind die Bergleute deshalb erhöhter Belastung durch das Einatmen von Radon, aber auch radioaktiver Gammastrahlung ausgesetzt. Gute Durchlüftung ("Bewetterung") der Stollen kann die Radonbelastung der Beschäftigten verringern, zieht dafür die BewohnerInnen in der Nähe von Entlüftungsschächten und die Umwelt verstärkt in Mitleidenschaft. Auch Grubenwässer, die üblicherweise unbehandelt in Bäche geleitet werden, verseuchen die Umwelt. Ein spezielles Problem stellt die "In-situ"-Laugung dar. Bei dieser Abbaumethode wird Säure in das Gestein gepumpt und die Erze unter Tage gelöst. Da weder die Säure noch die Uranlösungen wieder vollständig aufgefangen werden konnten, kommt es zu einer nachhaltigen chemischen Verseuchung des Untergrundes. Bei Tagebauen kommt es sowohl durch die Radonentgasung, als auch durch die große Staubentwicklung zu einer erheblichen radioaktiven Belastung der Umgebung. Außerdem fallen dabei riesige Abraumhalden an.

Die Halden
Die beim Uranabbau anfallenden riesigen Abfallerzhalden stellen nicht nur eine Landschaftszerstörung dar, sondern sind auch eine Quelle radioaktiver Umweltbelastung. Auf Halden landen nämlich nicht nur die Deckschichten über dem Erzkörper von Tagebauen und "taubes" Gestein, sondern auch niedriggradiges Erz. Hierfür ein Rechenbeispiel : Da der durchschnittliche Urangehalt der Erdkruste 0,0003 % beträgt und Uranerze erst ab einem Urangehalt von 0,05 % aufbereitet werden, kann in der Halde eine bis zu 150-mal erhöhte Radioaktivität auftreten. Das in den Halden befindlliche Uran und seine radioaktiven Abbauprodukte werden zum Teil als Staub vom Wind verweht und verunreinigen Böden und Atemluft. Uran und Radium werden vom Regen ausgewaschen und gelangen in Grundwasser und Flüsse. Radon entweicht noch für Jahrtausende aus dem Haldenmaterial. Für unmittelbar an Halden liegende Ortschaften ergibt sich auch eine erhöhte Gamma-Strahlung. Oft wurden Abraumerze als Baumaterial verwendet. In der ehemaligen DDR wurde auf diese Weise 12 Millionen Tonnen Haldenmaterial "wiederverwertet".

Uranerzaufbereitung
Bei der Aufbereitung wird der Urangehalt auf ca. 75 % erhöht. Dies geschieht meistens in unmittelbarer Nähe der Uranbergwerke. Der Arbeitsvorgang besteht darin, daß das Erz gemahlen und dann in konzentrierter Schwefelsäure gelöst wird. Die Lösung wird in riesige Absetzbecken ("tailings") geleitet. Das Endprodukt, das als Ausgangsstoff für die Brennelementeerzeugung dient, ist U308, sogenannter Yellow Cake". Während ca. die Hälfte des im Gestein befindlichen Radons beim bergmännischen Abbau freigesetzt wird, entweicht der Rest während des Mahlens und belastet die beteiligten Arbeiter. Beim Aufbereitungsprozeß wird nur das Uran aus dem Erz herausgelöst. Alle Zerfallsprodukte des Urans und bis zu 10 % des Urans selbst verbleiben im Abfallschlamm. Dadurch ist auch rund 80 bis 85 % der ursprünglichen Radioaktivität, das stabil im Erz gebunden war, im Abraum zu finden. Aus den Absetzbecken wird radioaktiver Staub ausgeblasen bzw. gefährdet der Schlamm das Grundwasser. Zusätzlich zur radioaktiven Verseuchung kommt noch die Kontamination durch Zyanide, Arsen, Blei und Quecksilber. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu Dammbrüchen der Absetzbecken, wodurch sich große Mengen an Schlamm in benachbarte Flüsse ergossen haben.

Uranabbau und indigene Völker
Oft liegen große Uranerzvorkommen auf dem Gebiet indigener Völker. In diesen Fällen ist die globale Arbeitsteilung besonders offensichtlich : Multinationale Konzerne machen das Geschäft, während die angestammten Einwohner die Konsequenzen und Folgen zu tragen haben. Unter den "Top Ten" der Uranförderländer befinden sich viele, wo Bergwerke in indigenen Siedlungsgebieten liegen. Betroffene Gebiete sind u.a. die Black Hills/South Dakota und das Four-Corners-Gebiet an der Staatengrenze Utah, Colorado, New Mexico und Arizona in den USA, weiteres Saskatchewan/Kanada, sowie die Northern Territories und Queensland in Australien (UI pocket guide 1996 : Uranium, from mine to mill).

Land Förderung 1995 (Tonnen Uran) Weltanteil an der Förderung Reserven (in Tonnen Uran)
Kanada 10.515 32 % 277.000
Australien 3.712 11 % 462.000
Niger 2.970 9 % 160.000
USA 2.300 7 % 114.000
Rußland 2.250 6 % 127.000
Namibia 2007 6 % 80.000
Kasachstan 1.630 5 % 417.000
Usbekistan 1.500 5 % 171.000
Südafrika 1.424 4 % 144.000
Frankreich 980 3 % 20.000

Die Liste der Vergehen gegenüber den Indigenen ist lang :

  • Landrechte werden negiert
  • Traditionelle Siedlungsgebiete und rituelle Stätten werden zerstört und verseucht
  • Lebensgrundlagen werden entzogen, indem Böden und Wasser kontaminiert werden
  • Indigene werden oft als billige Arbeitskräfte einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt
  • Nach Stillegung der Bergwerke und Aufbereitungsanlagen ziehen sich die Firmen ohne Sanierungsmaßnahmen zurück
  • Radioaktives Haldenerz wurde oft als Baumaterial verwendet







Dieser Artikel von Dr. Heinz Högelsberger war jahrelang auf www.alhambra.de
und ist seit dem 9.2.2024 mit freundlicher Genehmigung des Autors nun hier veröffentlicht.
Er ist in manchen Details nicht mehr aktuell - in der Hauptaussage aber schon.


Wolfram Zucker


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