Ukraine

Dies habe ich am 13. September 2014 als Beitrag für das www.peak-oil-forum.de (leider nicht mehr online) geschrieben,
aber nicht veröffentlicht, weil es nicht fertig war.
Aus Anlass des "Krieges" in der Ukraine ab 24.2.2022 stelle ich jetzt (20.3.2022) doch mal meinen unvollendeten Beitrag von 2014 ins Internet.



Zitat von "Bonsai"
Der erste Fehler war die NATO Osterweiterung.
Man hätte Janukovitsch in Ruhe lassen sollen.

Hallo Bonsai,

das sehe ich auch so.

Michail Gorbatschow war als Politiker ein besonderer Glücksfall (und nicht zu Unrecht auch bei uns so beliebt).
Anders als die meisten Regierenden hatte er nicht diese fixe Idee, das eigene Reich müsse möglichst groß und mächtig sein. Das war im Kalten Krieg lange genug die Maxime auf beiden Seiten und hat zu einem unsinnigen Wettrüsten geführt. Gorbatschow war klar, dass das nicht dem Wohl der Menschen dient und er war der Klügere der nachgibt.

Er hat die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht. Auch bezüglich der baltischen Staaten hat er gesagt: Na, wenn die so gerne unabhängig sein wollen, dann sollen sie es. Ähnlich war es mit ein paar anderen ehemaligen Sowjetrepubliken.

Leider waren viele für so viel Großzügigkeit nicht reif.

1. Im Inneren
Weitere Gebiete wollten die Gunst der Stunde nutzen und unabhängig werden. Gorbatschow wollte den Menschen schrittweise mehr Freiheit geben, aber nicht diesen Zerfall. Diese Ungeduld, die ganze Hand nehmen zu wollen, wenn man den kleinen Finger bekommt, machte es ihm schwer und stärkte seine politischen Gegner.

2. Die mit neu gewonnener Freiheit
In den baltischen Staaten waren zu Sowjetzeiten die dort lebenden Russen bevorzugt. Leider haben die Staaten nach der Unabhängigkeit den Spieß umgedreht und nun die russisch-stämmigen Menschen im Land schlecht behandelt. Dankbarkeit für die geschenkte Unabhängigkeit sieht anders aus. (Auch heute noch sind es mit die ersten, die Russland in den Rücken fallen.)

3. Der Westen
Die große Chance wäre gewesen, wenn der Westen die Nachgiebigkeit Gorbatschows dazu genutzt hätte, nun auch nachgiebig und großzügig zu sein - dankbar dafür, keine Kräfte mehr für Wettrüsten verschwenden zu müssen - die Friedensdividende.
Statt dessen prahlten die USA, sie hätten den Kalten Krieg gewonnen. (Selbst wenn es so wäre, wäre es unfreundlich das hinaus zu posaunen, aber es war nicht so.)
Sie nutzten jede geöffnete Tür vor allem dazu, ihren Fuß hinein zu bekommen (ganz im Sinn der oben genannten fixen Idee). Während Gorbatschow zugesagt worden war, die Nato würde keinen Zentimeter nach Osten ausgedehnt, kam ein Land nach dem anderen dazu.

Diese Dinge - vor allem der dritte Punkt - haben Gorbatschow geschwächt und dafür gesorgt, dass nach ihm Politiker mit wieder mehr der alten Denkweise kamen. Das ist logisch, wenn Nachgiebigkeit nicht belohnt, sondern nur ausgenutzt wird.
Im Osten gibt es heute Viele, die Gorbatschow am liebsten vor Gericht bringen würden, weil er die Sowjetunion zerstört habe. Sie werfen ihm vor, ein Agent des Westens zu sein. Das ist aber genauso falsch, wie wenn der Westen seine menschenfreundliche Haltung als Schwäche missversteht.

Er hat trotzdem viel Positives bewirkt. Zur Zeit der Sowjetunion habe ich mir manchmal gedacht, dass der restlichen Welt etwas fehlt, weil dieser Teil so abgeschottet und fast ein weißer Fleck auf der Landkarte ist. So viel hat sich seitdem getan. Man kann dort überall hin reisen, studieren ... es gibt Handel, vielfältige wirtschaftliche Verflechtungen. In unserem Ort war 2010 ein Chor aus Georgien und 2013 war der Kinderchor aus St. Petersburg in unserer Kirche zu Gast. Ich fühle mich immer wieder darin bestätigt, dass der Welt etwas gefehlt hat ...
Leider droht es wieder verloren zu gehen.


Ich finde es z.B. sehr tröstlich, dass es mit Russland ein Land gibt, in dem ein Herr Snowden Zuflucht findet. Die meisten Staaten sind dafür zu feige (vgl. verweigerte Überflugrechte für Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales).
Wir verdanken ihm wohl eine ganze Menge. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass die ganze Bespitzelung durch die USA dazu dient, hier politisch Einfluss zu nehmen, also Europa mitzuregieren - fernzusteuern. Während am 8.7.2014 im ZDF das WM-Halbfinale übertragen wurde, kam in ARD eine Sendung (ich glaub Report Müchen?), die mich genau in dem Verdacht bestätigte.
Beispiel Gentechnik in der Landwirtschaft: Die USA wollen, dass Europa endlich den Widerstand aufgibt, damit sie das Zeug auch hier verkaufen können. Man hört Aussagen der Art: "Wenn es uns Amerikanern nicht schadet, wird es den Europärern wohl auch nicht schaden." Das ist die Logik eines Diktators, der sowieso zu wissen glaubt, was für seine Untertanen gut ist. Nur was ist, wenn er sich irrt?
Bei so einem "Demokratieverständnis" ist ja Russland noch demokratischer - oder zumindest ehrlicher, wenn Herr Putin von gelenkter Demokratie spricht.
Ich wundere mich sehr, was sich unsere Politiker von den USA alles gefallen lassen und weiter "Herr Biedermann" spielen.

Dagegen verdanken wir Russland einiges und meinen doch, es fortgesetzt schlecht behandeln zu dürfen.
(Es erinnert mich irgendwie daran, dass Bürokraten meinen, den Bauern das Leben mit immer mehr Bürokratie schwer machen zu dürfen, aber wie selbstverständlich erwarten, von ihnen ernährt zu werden.)

Sich in die andere Seite hinein versetzen
Ein Onkel von mir, der viele Jahre in anderen Ländern gelebt hatte (z.B. Kanada), meinte vor langem mal, die Deutschen seien nicht gut darin, sich in andere hinein zu versetzen, also sich vorzustellen wie andere etwas empfinden - wie ihnen zumute ist bei einer Sache. Ob es stimmt, weiß ich nicht. Hier scheint es so zu sein.

Natürlich wäre es interessant, die Ukraine "dazu zu bekommen" - wenn sie noch frei wäre. Sie ist gut eineinhalb mal so groß wie Deutschland und wäre das größte Land in der EU. Sie hat Bodenschätze und teilweise die meterdicke Schwarzerde, die sie zur Kornkammer des Ostens machte (die Flagge, oben blau unten gelb, steht ja für Getreidefelder und darüber der Himmel). Sie ist ein sympathisches Land mit freundlichen Menschen (leider auch beschädigt durch Tschernobyl). Natürlich ist es verlockend, das Land "dazu zu bekommen", zum eigenen Einflussgebiet, z.B. zur EU. Aber wie ist es für die andere Seite - in dem Fall Russland - dieses Land aus dem eigenen Einflussgebiet zu verlieren?

Ich habe das aus dem Jugoslawien-Konflikt gelernt.
Als sich dort die Menschen gegenseitig die Häuser anzündeten, war ich fast so weit, Verständnis zu haben, dass der Westen militärisch eingriff. Wo lag der Fehler?
Erst später wurde mir klar, dass der Fehler schon früher war. Zuerst hatte sich Slovenien für unabhängig erklärt und der Westen hat es schnell anerkannt (da fand ich es noch gut - bin selbst der Versuchung erlegen, vgl. letzter Absatz). Damit wurden weitere Landesteile ermuntert, sich auch für unabhängig zu erklären und der Konflikt kam so richtig in Gang, denn die Regierung in Belgrad versuchte, den Zerfall des Landes zu verhindern ...
Heute will der Westen die Ukraine mit offenen Armen aufnehmen (das ist einfach zu verlockend ... da redet man sich schnell ein, es sei richtig). Wenn dagegen Russland seinerseits die Krim mit offenen Armen aufnimmt, ist das Geschrei groß.

Stoffsammlung
*****************

Rückblich: Gorbatschow
Friedensdividende

2. Weltkrieg, über 2 Jahre Belagerung von St. Petersburg, über eine Million Menschen gestorben
Demut angebracht

Geschichte verdreht (es wäre falsch ... Mauerbau)


Warum gegen Russland?
Dass es das Assoziierungsabkommen nicht wollte, wurde doch deutlich.
Was hat Westen bewogen, es trotzdem durchsetzen zu wollen?
Frau Merkel wird doch nachgesagt, die Dinge vom Ende her zu betrachten. Das kann man hier wohl nicht sagen.

Sich in die andere Seite hinein versetzen
Territorialgewinn verlockend ... aber für die andere Seite?

Ukrainer verführt (kennen Schattenseiten der EU nicht)
Krim - Abstimmung sollte EU zu denken geben (selbst Gorbatschow findet das Vorgehen Russlands in Ordnung)
Köder verlockend, aber nicht im Sinne des verlockten (Poroschenko Schokoladeproduzent)
Krim: Russische Bürger schützen berechtigt
Was steht im Assoziierungsabkommen (vgl. TTIP)
Mit der Zeit würden sie die Schattenseiten bemerken
Wann wird uns die Ukraine verzeihen, was wir ihr angetan haben?

Es ist eine Schande
Domino-Effekt
Umfallen - kaputt machen ist leicht - aber was ist gewonnen?
Irak - Spätfolgen sehen wir heute (IS) (vgl. http://www.handelsblatt.com/archiv/gorbatschow-kritisiert-irak-politik-der-usa/2229206.html Zitat Gorbatschow vom Februar 2003)
Afghanistan, Ägypten, Libyen, Syrien ... Kriege, Instabilität ... und bei uns immer mehr Flüchtlinge
Ukraine


Völlig einseitig
Es klingt so komisch ...
Wahl Vergleich mit Syrien
Diskrepanz Medien - Bevölkerung (Link BR)
Hilfskonvoi - 10 Tage hingehalten, dann weiter gefahren -> Empörung
Westen so tief gesunken ... Zitat aus dem Beitrag [url=http://www.peak-oil-forum.de/phpBB2/viewtopic.php?t=1182]Putins unterschlagene Rede am G8:[/url] "Das ist heutzutage einfach so, dass der Putin in der Politik die Wahrheit sagen kann, er profitiert ja davon."

Herr Steinmeier (kein neuer kalter Krieg, erstrecht kein heißer, aber Russland muss endlich aufhören, die Ukraine zu destabilisieren)

Der Westen hat die Ukraine destabilisiert
Viel Geld für Opposition, orangene Revolution
400 Leute von Blackwater
CIA-Chef in Kiew


Zitate aus Russland:
Schärfere Sanktionen sind jetzt das völlig falsche Signal und unfreundlich
Sanktionen sind sicherlich schlecht für russische Unternehmen, doch auch westliche Firmen und Steuerzahler müssen die Kosten tragen.

Russland positiv
Zuflucht für Snowden
Wie selbstverständlich ...

Sanktionen
Dass das Gefechtsübungszentrum von Rheinmetall nicht geliefert wird, ist kein Beinbruch.
Wenn Frankreich das Kriegsschiff (Helikopter-Träger) nicht liefet, ist es auch nicht so schlimm.
Wenn Russland manche Lebensmittel aus dem Westen nicht mehr importiert, könnte es ein Beitrag zu regionalerem Wirtschaften auf beiden Seiten sein.
Wenn Russland weniger Gas liefert, hat es länger welches - und im Westen lernt man vielleicht etwas früher das Sparen.
Wenn die Zusammenarbeit bezüglich Raumstation ISS früher beendet wird, ist es schade.
Wenn Flugzeuge große Umwege nehmen müssen ist es schade ums verschwendete Kerosin.
Wenn Russland sich mehr China zuwendet und dort hin mehr Gaspipelines baut, ist der Westen selbst Schuld.
Besonders schade ist es um das aufgebaute Vertrauen, das für lange oder sehr lange Zeit verloren gehen könnte.
Schließlich scheint mir, dass sich der Westen selbst schadet. Obst wird vernichtet, um Preise hoch zu halten, aber es ist natürlich destruktiv und volkswirtschaftlich negativ. Dann soll die Allgemeinheit Ausgleich leisten. So gibt es womöglich immer mehr Verteilungskämpfe.

Wie kann es weiter gehen?
Wird Russland nachgeben?
Wird der Westen nachgeben?
Wird die Ukraine geteilt?
Ewige Sannungen? (Neuer kalter Krieg, Spirale von Sanktionen und Vertrauensverlust ...)
Krieg? Wie lang? Und dann?
Überlaufen des Militärs


So weit mein 2014 entworfener nicht fertiger Beitrag
Ein paar neuere Links und Anmerkungen habe ich auf meiner Friedens-Seite geschrieben

Siehe auch "Putin war in seiner ersten Amtszeit eine Chance für Europa" mit Gabriele Krone-Schmalz (Video 12:10)
Zitat: "Der kalte Krieg ist erst dann vorbei, wenn sich beide Seiten als Sieger fühlen dürfen."


Letzte Änderung: 11. November 2022

Wolfram Zucker

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